Evangelische Kirchengemeinden Leun und Tiefenbach

Evangelische Kirche Tiefenbach

Die Geschichte der Tiefenbacher Kirche

Der älteste Teil des Gotteshauses ist der Turm, der um 1300 datiert wird. Im katholischen Mittelalter gehörte die Tiefenbacher Kirche zur Gruppe der Chorturmkirchen. Das Besondere an diesen Kirchentyp ist, daß der Altarraum (Chor) im Erdgeschoss des Turmes liegt. Spätestens ab 1450 ist der Tiefenbacher Kirchhof als Friedhof genutzt worden, d. h. spätestens ab dieser Zeit muß ein Kirchenschiff existiert haben.

In den 1550er Jahren wurde die Grafschaft Solms-Braunfels und damit auch Tiefenbach evangelisch, zunächst orientierte man sich an den Lehren Martin Luthers. Schon eine Generation später erlebte das Land die zweite Reformation, als Graf Konrad im Jahr 1582 anstelle der lutherischen das reformierte Bekenntnis einführte, nach dem Vorbild von Kurpfalz und Nassau-Dillenburg. Ende des 17. Jahrhunderts begann ein regelrechter Kirchenbauboom, begründet darin, daß viele Kirchen baufällig waren und daß die vorhandenen Kirchen für die wachsende Gemeinde zu klein wurden. Das galt auch für Tiefenbach und andere Orte in der Grafschaft Solms-Braunfels. Die Tiefenbacher Kirche hat in den Jahren 1713-1714 ihren nördlichen Erweiterungsflügel und bis 1716 eine neue Innenausstattung erhalten.

Das Mauerwerk von Turm und Schiff war noch leidlich solide, so daß man möglichst viel davon in den Neubau übernehmen wollte. Die Lösung war ein zusätzlicher Flügel, der im rechten Winkel an die Nordseite des vorhandenen Gemeinderaumes angefügt wurde. Das Anfügen des Seitenflügels hatte Folgen für die Einrichtung des Kirchenraumes. Aufgrund der Ausmaße des Anbaus ist der neue, jetzt T-förmige Gemeinderaum wieder längsgerichtet. Zudem gruppierte sich die Gemeinde durch Umbauarbeiten nun von drei Seiten um das liturgische Zentrum. Entstanden ist eine evangelische Predigtkirche. Die Bauarbeiten, die anfangs nur die Reparatur der Kirchhofsmauer umfassen sollten, nahmen im Laufe der Zeit immer größere Formen an. Die Kirche wurde erweitert, danach die Innenausstattung erneuert und ergänzt. Letzteres steht zweifellos in Zusammenhang mit der 1718 erfolgten Erhebung Tiefenbachs zur eigenständigen Pfarrei, auch wenn diese nur für drei Jahre Bestand hatte. Bis in die sechziger Jahre unseres Jahrhunderts war die Innenausstattung, die man im frühen 18. Jahrhundert geschaffen hatte, weitgehend unverändert erhalten.

Die Inneneinrichtung wurde in den sechziger Jahren entscheidend verändert, so daß die ursprüngliche Raumkonzeption zerstört ist. Für die Orgel wurde in den ehemaligen Chor eine Empore eingezogen. Bei der jüngsten Renovierung 1980 ist die Ausmalung von 1715/16 freigelegt und wiederhergestellt worden. Dem reformierten Bilderverbot gemäß sind die Brüstungsfelder der Empore abwechselnd mit Bibelsprüchen und Ranken geschmückt. Die Fenster sind mit stilisierten Ranken- und Blumenmotiven umrahmt.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß der Kirchenraum zwar schwerwiegende Veränderungen erfahren hat, daß aber die vorhandenen Austattungsstücke unter Zuhilfenahme von etwas Vorstellungskraft noch einen guten Eindruck gewähren, wie die Kirche im Jahre 1716 ausgesehen hat. Der Kirchenraum enthält die Zeugnisse eines Kapitels aus der Geschichte des Dorfes Tiefenbach, das es wert ist, auch weiterhin bewahrt und gepflegt zu werden.